Jørgen Kieler wurde am 23.08.1919 in Horsens, Dänemark geboren. Als Kind war er häufig mit seinen Eltern in Europa auf Reisen, sprach unter anderem Englisch, Deutsch und Französisch. Während der deutschen Besatzungszeit schloss sich Kieler zusammen mit seinen Geschwistern Frit Danmark, einer dänischen Widerstandsgruppe (mit gleichnamiger Widerstandszeitung) an und war später auch an Sabotageaktionen der Holger Danske-Gruppe beteiligt.

Im Februar 1944 wurde er verhaftet und über mehrere dänische Gefängnisstationen zunächst nach Frøslev und von dort aus nach Neuengamme gebracht. Sein Bruder Flemming wurde ebenfalls inhaftiert und nahm den selben Weg.

Von Neuengamme aus kamen die Brüder Kieler mit einem Transport von ungefähr 200 Häftlingen, darunter 98 Dänen, im September nach Porta Westfalica. Die Fahrt dauerte 42 Stunden, die Männer wurden in Transportwaggons zu 50 Mann eingepfercht, jeweils von zwei bewaffneten Männern bewacht. Der erste, optisch durchaus Hoffnung erzeugende Eindruck des Hotels Kaiserhof, den Kieler in seinen Memoiren beschreibt, wich sofort einer großen Ernüchterung. Die Zustände im Lager, insbesondere die hygienischen, waren katastrophal. Jørgen Kieler kam zunächst in diverse schwere Baukommandos, bevor er den Befehl bekommt sich als Medizinstudent im Krankenrevier zu melden. Die Eindrücke, die seine dahinsiechenden Kameraden auf ihn machen, sind Antrieb für seine spätere Arbeit zu die Hungererkrankung in deutschen Konzentrationslagern.

Insgesamt starben 44% der in Porta inhaftierten Dänen, 81 Überlebende gab es noch, als im März der Befehl erging, alle Dänen sollen sich zu einem Transport nach Neuengamme einfinden. Kieler beschreibt es als "Wunder" - mit der Aktion des schwedischen Roten Kreuzes unter der Führung von Graf Folke Bernadotte und des Dänischen Hilfskorps wurden alle überlebenden dänischen Häftlinge mit den berühmten weissen Bussen noch vor Kriegsende evakuiert, am 20.04.1945 kehrten Flemming und Jørgen Kieler mit dem letzten Transport aus Neuengamme nach Dänemark zurück. Kieler besuchte Porta Westfalica wieder, im Jahr 2005. Er beschreibt diesen Besuch als den Schlussstrich unter seine Kriegserfahrung.

 

Der erste positive Eindruck wich bald angstvollen Ahnungen, als ich auf dem Weg zu Hof eine lateinische Inschrift las, die mit Kohle auf die weiße Wand geschrieben war. >>HIC MORTUI VIVUNT<< stand dort in großen Buchstaben. {...} Die Worte HIER LEBEN DIE TOTEN verstanden wir; ihre wahre Bedeutung wurde erst im Laufe der folgenden Monate in ihrem vollen Schrecken offenbar.

(Jørgen Kieler, Dänischer Widerstand gegen den Nationalsozialismus)

 

Jørgen Kieler bei seiner Verhaftung