Die KZ-Gedenk- und Dokumentationsstätte Porta Westfalica hat sich entschieden, die Thüringer Erklärung aus Anlass des 75. Jahrestages der Befreiung der nationalsozialistischen Konzentrationslager Buchenwald und Mittelbau-Dora am 11. April 1945 mit zu unterzeichnen. Bei der Thüringer Erklärung handelt es sich um eine Initiative der Repräsentanten aller obersten Thüringer Verfassungsorgane und der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora. Sie ist ein Bekenntnis zu Menschenrechten, Demokratie und Freiheit - Werte die in der heutigen Zeit immer wieder verteidigt werden müssen.
Die Geschichte der KZ-Außenlager an der Porta Westfalica ist eng mit der, der Konzentrationslager Buchenwald und Mittelbau-Dora verknüpft. Die ersten 300 Häftlinge trafen in Porta Westfalica am 18. März 1944 aus Buchenwald ein, auf Basis der Transportliste und der Unterlagen aus Buchenwald sind alle ihre Namen und ihre Herkunft bekannt. Viele Häftlinge, die in den Lagern an der Porta Westfalica schwerste Zwangsarbeit leisten mussten, wurden im Laufe des Jahres 1944 wieder aus Porta wegverlegt, einige von ihnen kamen nach Mittelbau-Dora oder in eines seiner Außenlager, wo sie ebenfalls unter menschenunwürdigsten Bedingungen zur Arbeit gezwungen wurden.
Die Unterzeichnung der Thüringer Erklärung geschah durch den Geschäftsführer der KZ-Gedenk- und Dokumentationsstätte Porta Westfalica e.V., Thomas Lange, stellvertretend für den Verein.
Die Webseite zur Thüringer Erklärung aus Anlass des 75. Jahrestages der Befreiung der nationalsozialistischen Konzentrationslager Buchenwald und Mittelbau-Dora am 11. April 1945 finden Sie hier:
Thüringer ErklärungThüringer Erklärung aus Anlass des 75. Jahrestages der Befreiung der nationalsozialistischen Konzentrationslager Buchenwald und Mittelbau-Dora am 11. April 1945
Auch 75 Jahre nach der Befreiung sind uns Unmenschlichkeit und Verbrechen des nationalsozialistischen Deutschlands bewusst. Wir ehren all jene, die sich widersetzten. Wir nehmen wachen Anteil an der Geschichte und dem Leid der Millionen Menschen, die von den Nationalsozialisten zunächst in Deutschland und dann in den vom „Dritten Reich“ besetzten Ländern entrechtet, entwürdigt, ausgegrenzt, ausgeplündert und ermordet worden sind: allen voran die deutschen und europäischen Juden, aber auch Sinti und Roma, Kranke und Behinderte, Homosexuelle, Zeugen Jehovas, sozial Diskriminierte und alle, die im besetzten Europa oder als Deportierte im Reichsgebiet Zwangsarbeit leisten mussten oder Opfer von Besatzungs- und Kriegsverbrechen wurden.
Wir sind uns bewusst, dass die Verachtung von Demokratie und Menschenrechten, dass Antisemitismus, Rassismus, soziale und kulturelle Vorurteile, ethnischer und nationalistischer Größenwahn, dass Habgier und Ausbeutungsbereitschaft Ursachen für die Verbrechen waren und dass diese Motive von vielen Deutschen der Zeit geteilt worden sind. Wir wissen und nehmen ernst, dass Deutschland sich nicht aus eigener Kraft vom Nationalsozialismus befreit hat, dass eine Vielzahl von Verbrechen ungesühnt blieb und zu viele Täter und Tatgehilfen nach 1945 ihr Leben fortführen konnten, als sei nichts geschehen. Wir sind uns bewusst, dass die Etablierung und Festigung der Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland nicht zuletzt auf der selbstkritischen Auseinandersetzung mit den Untaten beruht, die ihr vorausgingen. Einen Schlussstrich darf es deshalb nicht geben.
Zu den Lehren aus der Geschichte gehört für uns die Gewissheit, dass eine demokratische, die Menschenwürde schützende Verfassung und funktionierende Gewaltenteilung das Rückgrat eines liberalen Rechtsstaates bilden. Ohne sie fallen Staat und Demokratie auseinander. Heute aber sind Rechtsradikalismus und autoritäre Gesinnung ebenso auf dem Vormarsch wie völkisches Überlegenheitsdenken, Nationalismus und die Unterminierung der Einheit Europas. Weltweit verwischen die Grenzen der Gewaltenteilung, Grundrechte werden bedroht oder sind bereits außer Kraft gesetzt. Rassismus und Antisemitismus werden offen propagiert und führen auch in Deutschland zu Gewalttaten, die vor einigen Jahren undenkbar gewesen wären. Im Licht der historischen Erinnerung wird deutlich erkennbar, dass die zerstörerischen Gifte von Gestern erneut als Allheilmittel angepriesen werden.
Menschenrechte, Demokratie und Freiheit sind trotz der Erfahrung des Nationalsozialismus leider keineswegs selbstverständlich. Sie müssen immer wieder neu verteidigt werden. Dafür treten wir ein.
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